CDs:

Klassische Moderne

& historische Aufnahmen

 

 

 

 

Im Zentrum des Kulturkampfes 1948:

Shostakovich, der "Formalist und Volksfeind"

 
 
 
Rachmaninov-Quartett
 
Andrej Andrejev - Violine
Alexander Bondarenko - Violine
Anton Jaroshenko - Viola
Vladimir Shochov - Violoncello
Vladimir Krainev - Klavier
 
Scala Records
Grabbeallee 15   13156 Berlin
Tel. 030-48098415
Fax 030-48098416
  
 

Hommage à Dmitri Shostakovich

 

(1906 - 1975)

 
 

Klavierquintett g-Moll op. 57

(1940)

 

Streichquartett Nr. 8 c-Moll op. 110

(1960)

 
 
   
  Zur Künstlerbiographie Dmitri Shostakovichs:
  Dmitri Shostakovich (1906 - 1975) gilt heute als einer der großen sowjetischen Komponisten, wenn nicht als der bedeutendste. Er blieb bis über seinen Tod hinaus in mancher Hinsicht rätselhaft. Sahen die einen in ihm zunächst den gefeierten, mit höchsten Staatspreisen überhäuften Komponisten repräsentativer und patriotischer Werke wie der "Leningrader Symphonie" oder auch solch 'linientreuer' Kompositionen wie "Das Lied von den Wäldern", so wußte man andererseits, daß auch Shostakovitch vor allem in den dreißiger und am Ende der vierziger Jahre von staatlicher kulturpolitischer Bevormundung und Anfeindung keineswegs verschont geblieben war. Die Anfeindung konnte sich im Zuge der Stalinschen "Säuberungen" der dreißiger Jahre steigern bis zur Gefahr der physischen Auslöschung, wovon zuallererst zahlreiche Angehörige der 'Intelligentsia', darunter auch einige Freunde Shostakovichs, betroffen waren.

Für Shostakovich muß sich vor allem das Jahr 1936 geradezu traumatisierend ausgewirkt haben. Die Vorgänge um die Aufführung seiner Oper "Lady Macbeth des Mzensker Kreises" sind hierfür kennzeich-

nend. Nach der Uraufführung im Jahre 1934 von Kritikern und Komponistenkollegen als "die erste sowjetische Oper" hochgerühmt, wurde die Oper nach einer Mißfallensäußerung Stalins im Jahre 1936 zum Teil von denselben Kritikern und Kollegen vernichtend abgeurteilt, ein Verdikt, in das schließlich nahezu das gesamte bisherige Werk des Komponisten mit einbezogen wurde. Die potentiell lebensbedrohliche und angstvolle Atmosphäre dieser Zeit der "Säuberungen", die von Kryszfor Meyer als "eine Hölle" für die meisten Menschen in der damaligen Sowjetunion bezeichnet wurde, kann von außen, vor allem dem westlichen Ausland, wahrscheinlich kaum wirklich nachvollzogen werden. Sie bildet jedoch den historischen Hintergrund zum Verständnis der Anpassungsversuche und der gleichzeitigen verzweifelten Anstrengungen Shostakovichs, seine persönliche und künstlerische Integrität zu wahren. Und sie bewirkte auch Veränderungen in Sprache und Gehalt seiner Werke. Aus dem spielerisch-experimentierenden, parodistischen Komponisten der Oper "Die Nase", der Präludien op. 34 und des ersten Klavierkonzerts wurde in diesen Jahren allmählich der "tragische Poet" Shostakovich, wie ihn Ivan Sollertinski einmal nannte. In dieser Zeit auch wandte der Komponist sich dem Genre des Streichquartetts zu, das, nicht so spektakulär wie die Oper oder Symphonie, weniger Angriffsfläche gegenüber der 'offiziellen' Kritik bot und später gelegentlich geradezu autobiographische Züge annehmen sollte. Shostakovich hat es zeitlebens abgelehnt, Memoiren zu verfassen. Er verwies auf seine Kompositionen: "Hören Sie doch meine Musik. Da ist alles gesagt."

 

  Shostakovich mit seinem Freund,

Dmitri Shostakovich, Vladimir

Der Komponist der I. Symphonie

dem Musikwissenschaftler

 Majakowski, Vsevolod Meyerhold und

  Ivan Sollertinski  Alexander Rodtschenko bei Proben zu
    Meyerholds Schauspiel "Die Wanze"
(1929)

 

     

  Dmitri Shostakovich mit dem Cellisten Mstislav

Der Dichter und Kulturpolitiker

Rostropovich und dem Dirigenten Gennadi Roshdestvenski

Maxim Gorki

                                                                     
     
     

Shostakovich und Bertold Brecht

 

beim Weltfriedenskongreß in Ost-Berlin 1954

Ein Soldat kauf eine Eintrittskarte zur Premiere

 

der Siebten Symphonie, August 1942

 

Die Abbildungen finden sich in den Shostakovich-Biographien von D. Gojowy und B. Feuchtner

 
Biographien:
Detlef Gojowy: Dimitri Schostakowitsch, mit Bildzeugnissen und Bilddokumenten, Rohwohlt TB
Reinbeck 1997, 6. Auflage
 
Bernd Feuchtner: Dimitri Schostakowitsch - "Und Kunst geknebelt von der groben Macht", Bärenreiter/Metzler
Kasssel 2002
 
Solomon Wolkow (Hrsg.) : Die Memoiren des Dmitri Schostakowitsch, Propyläen-Verlag, München-Berlin 2002
Dmitri Shostakovich, einer der großen Komponisten des 20. Jahrhunderts, gilt als bedeutendster Sinfoniker der Moderne. 1906 in Petersburg geboren, geriet er in die Mühlen des stalinistischen Regimes, das ihn mit höchsten Ehrungen, aber auch mit wildesten Schmähungen bedachte. Während seine Kompositionen weltweit gefeiert wurden, lebte er in ständiger Angst vor Verhaftung und durchlebte Phasen tiefster Verzweiflung.
Entsprechend groß war das Echo, als der in den Westen emigrierte Leningrader Musikwissenschaftler Solomon Wolkow 1979, vier Jahre nach ShostakovichsTod, die Welt mit den von ihm aufgezeichneten Memoiren des Komponisten überraschte. Sie zeigten einen privaten Schostakowitsch, der, zu Lebzeiten von Partei und Staat gegängelt, nun mit dem totalitären System und seiner repressiven Kulturpolitik abrechnete.
Nicht zuletzt durch sowjetische Einflußnahme wurde die Authentizität dieser Memoiren immer wieder in Zweifel gezogen. Doch sowohl die Forschung als auch zahlreiche Weggefährten Shostakovichs haben sie längst als biographisches und kulturgeschichtliches Zeugnis ersten Ranges anerkannt.

 

 
 
 

  Heitor Villa-Lobos (1887 - 1959)
   
  Bachianas brasileiras
  Nos 1 - 9
   
  No. 5:
  I.  Aria (Cantilena) Adagio
  II. Danca (Martelo) Allegretto
  mit Barbara Hendricks Sopran
  und 8 Violoncelli
   
  Ausführende:
  Royal Philharmonic Orchestra
  Leitung:
  Enrique Bátiz
   
 
   
   
  Ende April des Jahres 1500 entdeckte der
  Seefahrer Pedro Alvarez Cabral auf einer Fahrt
  nach Ostindien ein Land, das bisher auf keiner
  Karte verzeichnet war; er nannte es Ilha vera
  Cruz, die "Insel vom wahren Kreuz", und nahm es feierlich für König Manuel von Portugal in Besitz. Erst sehr viel später gab man dem Land den
  Namen Brasilien. Die Erschließung Brasiliens führte zu der Entdeckung der sagenhaften Goldminen 
  von Ouro Preto (1696) und im Gebiet des Mato
  Grosso (1717), die zahllose Ansiedler und
  Abenteurer anlockten. Mit ihnen gelangte auch
mehr und mehr die europäische Kultur in das Land, und aus dem Zusammenwirken der katholischen Kirchenmusik, der iberischen Folklore und indianischer und afrikanischer (von den schwarzen Sklaven der portugiesischen Grundbesitzer verbreiteter) Musiktraditionen entwickelte sich seit der Mitte des 18. Jahrhunderts in Brasilien eine eigenständige Tonkunst, die freilich noch weit davon entfernt war, ihre nationale Identität gefunden zu haben... Erst durch die Arbeiten des Dichters und Musikforschers Mário de Andrade (!893 - 1945) wurde die brasilianische Musik auf den unerschöpflichen Reichtum ihrer eigenen Quellen aufmerksam, und plötzlich war es Mode, "brasilianisch" zu komponieren: doch ungeachtet aller Choros, Modinhas, Miudinhos und Tangos blickte man weiterhin respektvoll und fast neidisch nach Europa, dessen Unkenntnis und Desinteresse an der brasilianischen Musik kaum dazu angetan waren, deren Selbstbewußtsein zu stärken.

Im Juli 1923 aber traf in Paris ein Komponist ein, der alles andere als demütig auftrat und der abendländischen Arroganz einen empfindlichen Stich versetzte: Heitor Villa-Lobos. Er hatte sich - weitgehend autodidaktisch - zum Musiker ausgebildet und lange Jahre seinen Lebensunterhalt als Cellist in Kino- und Revuetheater-Orchestern verdient. Der "Primitivismus" seiner Musik hatte bei der französischen Avantgarde ungeheuren Erfolg: " Ob man diese außergewöhnliche Musik mag oder nicht - ihrem mitreißenden Schwung, ihrer Kraft und ihrem Reichtum kann man sich nicht entziehen", schrieb die Revue musicale nach der Pariser Uraufführung seines Nonetto am 30. Mai 1924. Mit mehreren Unterbrechungen blieb Villa-Lobos bis 1930 in Paris; schon bald nach seiner Rückkehr nach Brasilien übertrug ihm die Regierung die Organisation der Musikausbildung und die Aufsicht über den Musikunterricht an den Schulen des Landes.

Zeitlebens hat sich Villa-Lobos dagegen gewehrt, irgendeinem "Ismus" zugerechnet zu werden. Einen Meister allerdings hat Villa-Lobos nicht nur für seine eigenen Werke, sondern für jede Musik schlechthin als "Gott" anerkannt: Johann Sebastian Bach, "dessen Reichtum, Tiefe und Universalität die gemeinsame Quelle der Musik aller Nationen darstellt." Unter diesem Aspekt ist es auch weder Anachronismus noch Blasphemie, daß Villa-Lobos die Tonsprache Bachs in das musikalische Idiom seiner Heimat zu "übersetzen" versuchte; so entstand nach der Bearbeitung einiger Präludien und Fugen des Wohltemperierten Klaviers - gleichsam als "Handgelenksübungen" - 1930 die erste Bachiana brasileira, der bis 1945 acht weitere folgten.

 

 
 
Darius Milhaud (1892 - 1974)
Concerto pour marimba et
vibraphone et orchestre
 
Cortège funèbre*
 
Michael Radanovics (*1958)
Introversion
 
Darius Milhaud
Symphoniette pour cordes
 
Ausführende:
Nebojsa Jovan Zivkovic
Marimba / Vibraphone
Österreichische Kammersymphoniker
 
Leitung:
Ernst Theis
 
musicaphon Tonträgerproduktion, Kassel   M 56809
 
Darius Milhaud was born in 1892 at Aix-en-Provence where his father, of Jewish descent and religion, was an almond merchant. Milhaud’s musical training began in his native city. At the age of 17 he went to the Paris Conservatoire. His teachers were Dukas, Leroux and Gédalge. Among his friends were Auric and Honegger.

Darius Milhaud

Of equal if not greater importance were literary friendships with, for example, Jammes and Claudel, two of the great influences (Gide was the third) on the early years of Milhaud’s career.

By 1917, when Claudel took Milhaud to Rio de Janeiro as a member of his ambassadorial staff, the composer had set La brebis égarée of Jammes as an opera, Alissa, prose excerpts from Gide’s La Porte étroite for voice and piano, and the first two parts (Agamemnon and Les choéphores) of Claudel’s Oresteia trilogy. Milhaud later described the visit to Latin America as the equivalent for him of a stay in Rome (the war of 1914 had prevented his competing for the Prix de Rome). Brazil brought him into fruitful contact with a civilisation half-Latin, half-exotic, with Latin-American popular music and with jazz.

When he returned to post-war Paris he won notoriety with such works as Machines agricoles, Le boeuf sur le toit, La création du monde, Le train bleu, and the three tiny opéras-minutes written for Germany. He was a member of the group Les Six, but the label  ‘member of Les Six’ is emphatically not enough. The Jewish-Provençal background was important. It led directly to some of his best works, to the Poèmes juifs (1916), to operas with texts by his compatriot Armand Lunel – Les malheurs d’Orphée (1924) and Esther de Carpentras (1938), to the Suite provençale (1936).

Like many French musicians of his generation, he rejected Wagner and Brahms, but he accepted Mahler and Strauss. Schoenberg, whom he admired greatly, was a friend of many years standing. Milhaud had an air of inner serenity and benign authority which impressed those who had even the slightest acquaintance with him, and won him the affection and respect of musicians of all tendencies and ages.

Auszug aus: Ronald Crichton, Musical Times, August 1974

*Cortège funèbre:

"Darius Milhaud war ein Komponist, der häufig für den Film komponierte, so auch 1939 für den Film "Espoir" von André Malraux. In seiner Selbstbiographie beschreibt Milhaud den Film als eine herzergreifende Episode aus dem spanischen Bürgerkireg. Der Film hatte im allgemeinen keine Musik, lediglich kurz vor dem Ende wurde eine Szene musikalisch untermalt: Bauern tragen die Leichen republikanischer Flieger weg, die die Brücke von Teruel bombardiert hatten und an einem Berg zerschellt waren. Für diese erschütternde Szene komponierte Milhaud die Trauermusik "Cortège funèbre" ...

Die erste konzertante Aufführung dieses Werkes fand im Juli 1940 im Sender CBS in New York statt. Sie galt den im zweiten Weltkrieg Gefallenen und erschütterte bereits damals die Zuhörer, so wie dieses Stück bis heute zu ergreifen weiß ..."

Ernst Theis, 1995

 
 

Ernst Theis

 
Michael Radanovics, geboren 1958,  studierte an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst Wien sowie am Konservatorium der Stadt Wien. Er ist Primgeiger des "Motus-Quartetts" sowie Mitglied des ORF-Symphonieorchesters. Radanovics' Komposition Introversion wurde als Auftragswerk der Österreichischen Kammersymphoniker im 50. Jahr nach Ende des zweiten Weltkrieges geschrieben.

Introversion ... ist eine Meditation über das Wiederaufkommen jener Geisteshaltungen und sozialen Verhaltensweisen, die den furchtbarsten und grausamsten aller Kriege vor mehr als 50 Jahren mitverursacht bzw. ermöglicht haben und die heute in erschreckender Weise wieder in Erscheinung treten, sowie auch über die Möglichkeiten, mit Menschlichkeit und Toleranz diesen Tendenzen entgegen zu wirken.

Michael Radanovics, 1995

 

 

  Arthur Honegger (1892 - 1955)
   
  Pacific 231
   
  Rugby
   
  Pastorale d'été
   
  Une Cantate de Noel
   
  Ausführende:
  Camille Maurane
  Choeurs et Orchestre National de l' O.R.T.F.
   
  Leitung:
  Jean Martinon
   
   
  Arthur Honegger wird 1892 in Le Havre als Sohn Schweizer Eltern geboren. Von 1909 bis 1911 studiert er Musik am Konservatorium in Zürich. Später fährt er von Le Havre aus jede Woche nach Paris, um dort Violine und Kontrapunkt zu studieren.

1916 versammelt Eric Satie die Gruppe der "Nouveaux Jeunes" um sich, zu denen auch Arthur Honegger gehört. Diese Gruppe ist die Keimzelle der berühmten "Groupe des Six", 1920 gegründet: Zu ihr gehören Darius Milhaud, Georges Auric, Arthur Honegger, Germaine Tailleferre, Francis Poulenc und Louis Durey.

1924 wird die Orchesterfassung von Honeggers Psalmendrama "König David" in Paris begeistert aufgenommen. Wenig später hat er einen ebenso triumphalen Erfolg mit seinem Werk " Pacific 231". Mit "Rugby" integriert er eine der wichtigsten Aktivitäten des modernen Lebens in die Musik: den Sport.

   
  Je n'ai pas le culte de la foire, ni du music-hall, mais au contraire celui de la musique de chambre et de la musique symphonique dans ce qu'elle a de plus grave et de plus austère. J'attache une grande importance à l'architecture musicale, que je ne voudrais jamais voir sacrifiée à des raisons d'ordre littéraire ou pictural. J'ai une tendance peut-être exagérée à rechercher la complexité polyphonique. Je ne cherche pas, comme certains musiciens anti-impressionnistes, un retour à la simplicité harmonique. Je trouve, au contraire, que nous devons nous servir des matériaux harmoniques créés par cette école qui nous a précédé, mais dans un sens différent, comme base à la ligne et à des rythmes. Bach se sert des éléments de l'harmonie tonale comme je voudrais me servir des superpositions harmoniques modernes.

Arthur Honegger, September 1920

 

 

Hugo Distler (1908 - 1942)

 

Mörike-Chorliederbuch op. 19

 

Ausführende:

Berliner Vokalensemble

 

Leitung:

Bernd Stegmann

 
 
  Das 1938/39 entstandene Mörike-Chorliederbuch wird von manchen Musikkennern als das opus maximum des Komponisten bezeichnet.

"Ich hatte, bevor ich den Gedanken eines Liederbuches über Mörike faßte, eine große Auswahl zeitgenössischer Lyrik studiert und mich nebenher ebenso eifrig ins alte Lied versenkt (Arnims und Brentanos 'Wunderhorn', Herders 'Stimmen der Völker'), als ich, ... hingewiesen durch eine meiner Schülerinnen an der Stuttgarter Musikhochschule, eine Nachfahrin des Meisters, auf Mörike stieß ..."

Hugo Distler, 1941

Hugo Distler wurde 1908 in Nürnberg geboren und starb 1942 - 34jährig - durch Freitod in Berlin. Mehr zu seinem Leben, Werk und Kompositionsstil in: W. Lüdemann: Hugo Distler - Eine musikalische Biographie. Wißner Verlag, Augsburg 2002

 
Zur Geschichte des von Distler vertonten Mörike-Gedichts
Der Feuerreiter:
Im Hölderlinturm zu Tübingen verbrachte Hölderlin nach seiner
Gemütserkrankung noch viele Jahre seines Lebens unter der
fürsorglichen Obhut des Schreiners Ernst Zimmer und dessen Familie.
Oft sah man Hölderlin, eine weiße Mütze auf dem Kopf, am Fenster
seines Turmzimmers ruhelos hin- und herwandern. Diese
beunruhigende und bedrückende Erscheinung inspirierte Eduard
Mörike, der neben Wilhelm Waiblinger zu den treuen Freunden

Hölderlins gehörte, die den Dichter nach seiner Erkrankung immer wieder besuchten, zu seinem Gedicht Der Feuerreiter. In einer Vitrine des Turms findet sich ein Fragment des Gedichts von Mörikes Hand, dessen Anfang wir hier wiedergeben:
 

Sehet ihr am Fensterlein

dort die rote Mütze wieder?
Nicht geheuer muß es sein,
denn es geht schon auf und nieder.
Und auf einmal welch Gewühle

bei der Brücke nach dem Feld!

Horch! Das Feuerglöcklein gellt:

Hinterm Berg, hinterm Berg

brennt es in der Mühle!

Distlers dramatische Komposition spiegelt die ruhelose Stimmung wider, die Mörike in Gedanken an seinen unglücklichen Freund in erregende Bilder gefaßt hat.

 

 

 

  Paul Hindemith (1895 - 1963)
   
  Orchesterwerke:
   
  Symphonie "Mathis der Maler"
   
  Trauermusik
   
  Sinfonische Metamorphosen
  Carl-Maria-von-Weberscher Themen
   
  Konzertmusik für Streichorchester und Blechbläser
   
  Der Schwanendreher
   
  Nobilissima Visione - Suite
   
  Symphonia Serena
   
  Symphonie "Die Harmonie der Welt"
   
   
  Ausführende:
  San Francisco Symphony
  Gewandhausorchester Leipzig
   
  Leitung:
  Herbert Blomstedt
   
  Viola:
  Geraldine Walther
   
  DECCA (475 264-2 DTR3)
   
   
 
Paul Hindemith wird 1895 als Sohn des Anstreichers Rudolf Hindemith und dessen Frau Sofie in Hanau geboren. Violinunterricht seit seinem 9. Lebensjahr, 1908 Aufnahme in das Hochsche Konservatorium in Frankfurt. 1912- 1914 Komponistenausbildung unter Arnold Ludwig Mendelssohn (1855 - 1933), später unter Bernhard Sekles (1872 - 1934). 1915 - 1923 ist Hindemith Konzertmeister am Frankfurter Opernhaus. Daneben spielt er im Kammerorchester und im Quartett Rebner.

Spektakuläre Aufführungen exzentrischer Stücke wie "Mörder, Hoffnung der Frauen" op. 12 mit Texten von Oskar Kokoschka oder "Das Nusch-Nuschi" op. 20, eines Spiels für birmanesische Marionetten, sprengen den Rahmen der konventionell-bürgerllichen Oper. Hindemith bestimmt so die zeitgenössische Musikentwicklung maßgeblich.

1922 - 1929 spielt Hindemith die Bratsche im international angesehenen Amar-Quartett. 1923 Mitglied des Programmausschusses der "Donaueschinger Kammermusiktage". 1924 Heirat mit der Musikerin Gertrud von Rottenberg. 1926 Uraufführung der Oper "Cardillac". 1227 Berufung Hindemiths als Kompositionslehrer an die Berliner Hochschule für Musik. 1931 Uraufführung seines in Zusammenarbeit mit Gottfried Benn entstandenen Oratoriums "Das Unaufhörliche".

1933: Mit der Machtübernahme der Nationalsozialisten wird Hindemiths Arbeit zunehmend behindert. Ein Teil seiner Werke wird als "kulturbolschewistisch" bezeichnet und aus den Programmen genommen. 1934 Erfolgreiche Uraufführung von Hindemiths Symphonie "Mathis der Maler" durch Wilhelm Furtwängler. Furtwängler publiziert den Artikel "Der Fall Hindemith", um auf Hindemiths Situation aufmerksam zu machen. Joseph Goebbels antwortet in seiner Rede zur Jahreskundgebung der Reichsmusikkammer. Er bezeichnet Hindemith als "Geräuschemacher".

Trotz einer Unterschriftenliste seiner Studenten, die auf diesem Wege ihre Solidarität mit Hindemith ausdrücken wollen, läßt er sich von der Berliner Musikhochschule beurlauben. Er hält sich längere Zeit in der Türkei auf, um dort das Musikleben neu zu organisieren. 1936 erhalten Hindemiths Werke offiziell Aufführungsverbot in Deutschland. Hindemith kündigt an der Staatlichen Musikhochschule in Berlin. Er begründet die "Lehre vom Tonsatz" als System einer neu verstandenen Tonalität. Dabei strebt er eine auf der natürlichen Beschaffenheit der Töne gründende, allzeit gültige Tonsatzlehre an.

1938 geht Hindemith ins Exil. Nach Zwischenaufenthalten in der Schweiz und in Ankara siedelt er 1940 in die USA über. Die Oper "Mathis der Maler" wird in Zürich uraufgeführt. 1940 - 1953 hat Hindemith einen Lehrstuhl an der Yale University in New Haven (Connecticut) inne. 1946 erhalten Hindemith und seine Frau Gertrud die amerikanische Staatsbürgerschaft. Ab 1951 nimmt Hindemith eine für ihn geschaffene Professur für Musiktheorie, Komposition und Musikpädagogik an der Universität Zürich an. Gleichzeitig hält er jedes zweite Jahr weiterhin Vorlesungen an der Yale University.

1953 läßt Hindemith sich endgültig in Bloney am Genfer See nieder. 1957 beendet er die Oper "Die Harmonie der Welt", die das Leben des Astronomen Johannes Kepler (1571 - 1630) zum Inhalt hat. Die letzte Phase seines Lebens wird zunehmend vom Dirigieren bestimmt. Zahlreiche Tourneen führen ihn nach Asien und in die USA. 1963 wendet er sich in dem Vortrag "Sterbende Gewässer" scharf gegen den Alleinvertretungsanspruch von Zwölfton- und serieller Musik. Am 28. Dezember stirbt Paul Hindemith in Frankfurt/Main.

 

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