Vorspann

Bei der Geiselnahme von Beslan im September 2004 brachten nordkaukasische Terroristen mehr als 1100 Kinder und Erwachsene in einer Schule in der nordossetischen Stadt Beslan in ihre Gewalt. Die Geiselnahme endete nach drei Tagen in einer Tragödie – bei der Erstürmung des Gebäudes durch russische Einsatzkräfte starben nach offiziellen Angaben 331 Geiseln.

   Am 1. September 2004 um 9:30 Uhr stürmte eine Gruppe von mindestens 32 Geiselnehmern die Mittelschule Nr. 1, in der Schüler im Alter von sieben bis 18 Jahren unterrichtet wurden. Unbestätigten Berichten zufolge hielten sich zu diesem Zeitpunkt ungefähr 1500 Menschen in dem Gebäude auf. Am 1. September ist in ganz Russland Schulbeginn, an dem die Erstklässler in Anwesenheit der Eltern feierlich begrüßt werden. Oft kommen ganze Familien, um der Zeremonie beizuwohnen.

   Die Angreifer waren teilweise maskiert und schwer bewaffnet, einige waren mit Sprengstoffgürteln für Selbstmordattentate ausgerüstet, darunter auch zwei (offizielle Version) oder vier (laut Zeugenaussagen) Frauen (so genannte Schwarze Witwen). Nach einem Schusswechsel mit der Polizei besetzten die Angreifer das Schulgebäude und nahmen 1127 Schüler, Lehrer und Eltern in ihre Gewalt. Mindestens fünf Menschen sollen beim ersten Angriff ums Leben gekommen sein; aus dem Schulgebäude drangen wiederholt Schüsse.

   Die Angreifer sperrten die Geiseln in eine Turnhalle und verminten sämtliche Eingänge und Räume in der Schule. Um eine Erstürmung des Gebäudes zu verhindern, drohten sie mit der Tötung von fünfzig Geiseln für jeden von der Polizei getöteten Entführer sowie von zwanzig Geiseln für jeden verletzten. Etwa fünfzig Menschen gelang im anfänglichen Durcheinander die Flucht ins Freie. (Quelle bis hierher: Wikipedia).

 

Was hat Kindheit
mit
Terrorismus zu tun?

 "Die Identifikation mit dem Aggressor"

Ein Beitrag zur Friedenspolitik
und Selbstbestimmung der Zivilgesellschaft


 

 

FRANCISCO DE GOYA (1746 - 1828)
Y no hay remedio - Und daran ist nichts zu ändern ...
Aus: Desastres de la guerra (1810 - 1811)

DIANE ARBUS
Kind mit Plastikgranate
Central Park, New York, 1962
©Knesebeck Verlag
 

   


   Nicht erst seit der Ermordung der Kinder in Beslan am   1.September 2004 drängt sich unabweisbar die Frage auf, warum eigentlich sogenannte Selbstmord-Attentäter scheinbar freiwillig sich selbst und ihre Opfer zum NICHT-MEHR-SEIN so erbarmungslos verurteilen! Wessen Urteil wird da in Wahrheit gefällt?

   Wir fragen hier nicht nach denjenigen, die sich zu Einpeitschern von Attentätern aufschwingen, sondern fragen nach der Herkunft, der familiären Prägung und "Prädestination" der Attentäter selbst, die sich so gehorsam rekrutieren und gegen ihr eigenes Leben - und das Leben unschuldiger Dritter - bereitwillig "in Anschlag" bringen lassen.

   Denn solange wir uns in bezug darauf mit der hilflosen Feststellung begnügen, daß diese Menschen eben einer bestimmten aggressiven IDEOLOGIE hoffnungslos erlegen seien, ändert sich nichts. Solange wir nicht fragen, warum denn bestimmte Männer und Frauen in aller Welt sich als todbringende Waffen gegen sich selbst und andere mißbrauchen lassen, werden wir den Teufelskreis aus sinnloser Gewalt und ebenso sinnloser, reflexhafter Gegengewalt nicht durchbrechen können.

   Sind es wirklich "nur" von außen auferlegte, zutiefst ungerechte Lebensbedingungen: die furchtbaren und unhaltbaren politischen und sozialen Bedrückungen in einigen Krisengebieten, welche die meist jungen Täter - gegen ihren Selbsterhaltungstrieb und gegen ihre Vernunft - zum Äußersten antreiben?

   Feststeht zunächst, daß auch die suizidalen Attentäter einmal "ganz normale" kleine Babys waren - mit ihrem eingeborenen Recht auf Anerkennung, und mit ihrer noch nicht in Worten ausdrückbaren und noch unbegrenzten Hoffnung auf liebevolle und geduldige Beantwortung ihrer ersten unbeholfenen Versuche, mit der Welt (zuerst repräsentiert durch die Mutter, dann auch den Vater) erste Kontakte aufzunehmen.

   Wie frühzeitig - und mit welchen Erziehungsmaßnahmen! - wurden sie dazu gebracht, diese ursprünglich  vertrauensvoll-schöpferische Sicht auf das Leben aufzugeben - ohne dies jemals in Worte fassen zu können?

   Welche abgründigen Erfahrungen eigener "Nichtigkeit" machten sie empfänglich für das "Größe" versprechende, groteske Wahnbild des "heroischen Märtyrers" - d.h. des Mörders und Selbstmörders "um der gerechten Sache willen"?

   Welche nicht erfüllte brennende Kindheits-Sehnsucht machte sie "offen" für den Sirenengesang der Manipulatoren: die rhetorisch perfekten Einflüsterungs- und Einhämmerungs-Mixturen aus politischer Anklage und Beschwörung, "Paradiesesversprechen" und Todeskommando ihrer selbsternannten "Seelenführer"? (Die selber in sicherer Entfernung von dem Weg stehen, der in den Abgrund führt.)

   Was wohl in diesem Zusammenhang unmittelbar ins Auge fällt, ist die totale, bedingungslose IDENTIFIKATION der Attentäter mit den für sie "meinungs-führenden" AGGRESSOREN und deren DOKTRIN.

   Die Benennung und Analyse dieses Phänomens auf einem verwandten Feld verdanken wir einem Autor, dessen grundlegende Erkenntnisse, so glauben wir, mit dazu beitragen können, den hier genannten Teufelskreis aufzubrechen, weshalb wir sie in Auszügen zweier seiner Hauptwerke hier zitierend vorstellen:

 



© Deutscher Taschenbuchverlag 2002



©
Deutscher Taschenbuchverlag
1. Auflage 2004


 











Arno Gruen

Arno Gruen
, 1923 in Berlin geboren, 1936 Emigration in die USA, 1961 Promotion als Psychoanalytiker bei Theodor Reik. Tätigkeit als Professor und Therapeut an verschiedenen Universitäten und Kliniken, daneben seit 1958 psychoanalytische Privatpraxis. Seit 1979 lebt und praktiziert Arno Gruen in der Schweiz. Zahlreiche Fachpublikationen und Buchveröffentlichungen.

Der Loviisa Peace Prize 2010 geht an den Psychoanalytiker und Autor Arno Gruen, verliehen wird der Preis am 7. August 2010 während des Loviisa Peace Forum in Loviisa (Finland). Die Organisatoren des Loviisa Peace Forums weisen auf Arno Gruens lebenslange Beschäftigung mit den Ursprüngen der Gewalt hin. Gruen sieht die Ursache von Gewalt nicht in der Natur des Menschen, sondern in einer Erziehung, die mit Strafe und Belohnung arbeitet und dazu führt, dass Kinder Autoritäten anerkennen, anstatt deren persönliche moralische Entwicklung zu fördern. Kälte, Gewalt und eine Gesellschaft, in der das Selbstwertgefühl vor allem auf Erfolg, Status und materiellen Gewinn basiert, sind die Folge.

Zum ersten Mal wurde der Loviisa Peace Prize im Jahr 1990 verliehen. Frühere Preisträger sind unter Anderen Bischof Laszlo Tökes (Ungarn) und Finnlands Präsidentin Tarja Halonen

Wie alles anfängt ...

   Ob Völkermorde, Folter oder die alltägliche Erniedrigung von Kindern durch ihre Eltern - eines haben all diese Beispiele für Gewalt und Haß gemeinsam: das Gefühl des Abscheus vor dem anderen, dem "Fremden". ...

   Dies schreibt der in der Schweiz lebende Psychoanalytiker Arno Gruen - 1923 in Berlin geboren und 1936 in die USA emigiriert - in seiner tiefgründigen Untersuchung "Der Fremde in uns" - einem Buch, für das er 2001 mit dem Geschwister-Scholl-Preis ausgezeichnet wurde.* Und er fährt fort:

   Empathie (Einfühlung) ist eine grundsätzliche Eigenschaft aller Lebewesen. Sie ist die Schranke zur Unmenschlichkeit und der Kern unseres Menschseins, also auch der Kern dessen, was unser Eigenes ist. Wenn aber dieses Eigene verachtet und als nicht zu uns gehörig abgespalten werden muß, kann sich auch die Empathie nicht frei entwickeln. Unsere Fähigkeiten, mit anderen mitzufühlen, verkümmern. Der Prozeß, durch den das Eigene zum Fremden wird, verhindert also, daß Menschen sich menschlich begegnen - mit Anteilnahme, Einfühlungsvermögen und menschlichem Verstehen. Und so wird die Abstraktion zur Basis unserer Beziehungen.
 

  Die Anfänge dieser Entfremdung liegen in der Kindheit. Das wird nirgendwo deutlicher als in einem Satz, den Hitler 1934 bei einer Rede vor der NS-Frauenschaft formulierte: "Jedes Kind ist eine Schlacht". Damit drückte er in erschreckend klarer Weise aus, was in westlichen Kulturen auch heute noch als unumstößliche Wahrheit angesehen wird: daß es eine natürliche Feindschaft zwischen Säugling und Eltern gibt (bzw. geben kann, d. Red.). Im Kampf der sogenannten Sozialisation muß das Kind dazu gebracht werden, sich dem Willen der Eltern zu unterwerfen, und daran gehindert werden, seinen eigenen Bedürfnissen und Genüssen nachzugehen. Der Konflikt ist unvermeidlich, und er muß zum Wohle des Kindes durch die Beharrlichkeit der Eltern gelöst werden.

[...] Selbst Freud war noch in dieser Ideologie gefangen. Trotz all seiner revolutionären Ideen, mit denen er die Kindheit ins Zentrum unseres Denkens rückte, hielt er an der Vorstellung vom "unvermeidlichen" Kampf zwischen Eltern und Kind fest. Er war der Meinung, jedes Kind sei von universalen Trieben beherrscht und habe nichts anderes im Sinn, als rücksichtslos seine Lüste zu befriedigen. Der Kultur schrieb er die Hauptaufgabe zu, diesen Trieben Einhalt zu gebieten, bevor andere dadurch zu Schaden kämen. Natürlich lassen sich die Ansichten Hitlers und Freuds nicht in einen Topf werfen. Beide haben jedoch eines gemeinsam: die Einstellung, daß das Kind, das seinen ureigenen Bestrebungen überlassen wird, eine Gefahr für die Gemeinschaft bedeutet.

[...] Das von der Naziärztin Dr. J. Haarer veröffentlichte Buch "Die deutsche Mutter und ihr erstes Kind" (1941) wurde im Dritten Reich zu Hunderttausenden von der NSDAP an junge Eltern überreicht. Auch beim "Übergang zur Demokratie" sah man keinen Grund, es vom Markt zu nehmen. Das Buch wurde noch nach 1945 eine ganze Weile herausgegeben. Haarer liefert darin die ideologische Grundlage für eine Erziehung, in der das Eigene des Kindes zum Fremden gemacht wird. Ich möchte die wesentlichen Aussagen deshalb kurz zusammenfassen:

   Babys und Kleinkinder sind nach Haarer tendenziell unersättlich. Sie können nie genug kriegen von verwöhnender Beachtung, ständig wollen sie herumgeschleppt werden, was den Erwachsenen natürlich lästig ist. "Babys schreien aus Veranlagung, zornig und langanhaltend, zum Zeitvertreib oder um etwas zu erzwingen. Babys und Kleinkinder wollen sich nicht fügen, wollen nicht so, wie 'die Großen' wollen, sie erproben diese, widersetzen sich und tyrannisieren. Von Natur aus sind sie unrein, unsauber, schmuddelig, schmieren herum mit allem, was sich bietet."

 

 
 

 
   Die Eigenschaften, die Eltern ihren Kindern (gemäß dieser Ideologie, d. Red.) am häufigsten zuschreiben, sind Unsauberkeit, Unreinheit, Gier, Unstetsein, Zerstörungswut. Kinder sind, auch Freud sah es so, unersättlich in ihrem Trieb, stets darauf erpicht, dem Lustprinzip zu folgen. Es sollte uns hellhörig machen, daß es genau dieselben Eigenschaften sind, die dem gehaßten Fremden - ob Jude, Zigeuner, Chinese, Katholik, Kroate, Serbe, Tschetschene, Kommunist oder wer auch sonst - immer wieder unterstellt werden.

   Der Fremde ist immer derjenige, dessen Unsauberkeit, Unreinheit usw. uns zersetzen könnte. Hitler sah in den Juden das Fremdgut, das "sein" Volk zersetze. Gleichermaßen betrachtete er die Bekämpfung der Syphilis als eine der wichtigsten Lebensaufgaben der Nation. Die Sterilisation davon betroffener "Erbkranker" schien ihm folglich als "unbarmherzige Absonderung unheilbar Erkrankter" absolut notwendig. In seiner Phantasie sah er Gehirne, Körper und Völker gleichermaßen verfaulen und sich zersetzen.

   Der innere Feind, der mit dem Fremden identisch ist, ist jener Anteil im Kind, der verwirkt wurde, weil Mutter oder Vater oder beide ihn verwarfen, weil sie das Kind Ablehnung und Strafe erleben ließen, wenn es auf seiner eigenen und wahren Sicht bestand. Ich sage "wahr", weil die frühesten Wahrnehmungen eines Kindes auf seinen empathisch erlebten Perzeptionen beruhen und deshalb nur wahr sein können.  Ich werde später zeigen, daß auch Hitler diese Ablehnung seiner eigenen Lebendigkeit erfahren haben muß und daß er diesen inneren Teil als fremd abgestoßen hat, um eine Verbindung mit seinen Eltern aufrechtzuerhalten.

   Haarer gibt uns eine Vorstellung über das Wie dieses Vorgangs: Das Kind wird als selbstherrliches Wesen dargestellt, als eine Herausforderung, die die Mutter vor eine schwierige Aufgabe stellt, die diese in angemessener Weise zu erfüllen hat: Das schreiende und widerstrebende Kind muß tun, was die Mutter für nötig hält, und wird, falls es sich weiterhin ungezogen aufführt, gewissermaßen 'kaltgestellt', in einen Raum 'verbracht', wo es allein sein kann, und so lange nicht beachtet, bis es sein Verhalten ändert.
                        
                                                                ____________
 

Arno Gruen stellt an den Anfang seines Buches den folgenden Bericht:

   Milovan Djilas, einst Titos Gefährte im Partisanenkrieg gegen die Nazis und später einer seiner schärfsten Kritiker, beschreibt in seinem autobiographischen Bericht 'Land ohne Gerechtigkeit' (1958) die Grausamkeiten einer Männerwelt, in der Menschlichkeit als Schwäche verpönt ist:

   "Einmal, nach dem Krieg, traf Sekula (ein Montenegriner und Jugoslawe) einen türkischen Moslem. Beide waren auf dem Weg von Bijelo Polje nach Mojkovac. Sie hatten sich zuvor noch nie gesehen. Die Landstraße führte durch dicht bewaldetes Gebiet und war berüchtigt für Überfälle aus dem Hinterhalt. Der Moslem war froh, in Begleitung eines Montenegriners zu sein. Auch Sekula fühlte sich sicherer mit einem Türken, da zu befürchten war, daß sich türkische Partisanen in der Nähe befanden. Die beiden unterhielten sich freundlich und boten einander Zigaretten an. Der Moslem erwies sich als friedliebender Familienvater. Unterwegs durch die Wildnis kamen sich die Männer näher."

   Djilas schreibt, daß Sekula später sagte, er habe keinerlei Ressentiments dem Moslem gegenüber empfunden. Er sei für ihn wie jeder andere gewesen, mit dem einzigen Unterschied, daß er Türke war. Doch gerade diese Unfähigkeit, eine Abneigung zu spüren, weckte in Sekula ein Gefühl von Schuld. Djilas berichtet weiter:

   "Es war ein heißer Sommertag. Da der Weg durch einen Wald an einem kleinen Fluß entlang führte, hatten es die beiden Reisenden angenehm kühl. Als sie sich schließlich niedersetzten, um gemeinsam etwas zu essen und sich auszuruhen, nahm Sekula seine Pistole heraus. Es war eine schöne Waffe, und er wollte ein bißchen damit prahlen. Der Moslem betrachtete sie anerkennend und wollte wissen, ob sie geladen sei. Sekula bejahte - und in diesem Moment kam ihm der Gedanke, daß er den Türken jetzt einfach töten könnte, er mußte nur seinen Finger bewegen. (Zu diesem Zeitpunkt hatte er jedoch noch nicht den Entschluß gefaßt, dies zu tun.) Er richtete die Pistole auf den Moslem und zielte genau zwischen dessen Augen. Dann sagte er: 'Ja, sie ist geladen, und ich könnte dich jetzt töten.' Der Moslem lachte und bat Sekula, die Pistole wegzudrehen, da sich ein Schuß lösen könnte. In diesem Moment wurde Sekula bewußt, daß er seinen Reisekumpan töten mußte. Wenn er den Türken am Leben ließe, würde er die Scham und die Schuld nicht ertragen können. Und so feuerte er, wie zufällig, zwischen die lächelnden Augen des Mannes."

Arno Gruen fährt fort:

   Wenn Sekula später darüber sprach, behauptete er, daß er in dem Augenblick, als er die Pistole im Spaß auf die Stirn des Moslems richtete, keine Tötungsabsichten gehabt habe. "Aber dann war es, als ob sein Finger von sich aus abdrückte. Etwas in ihm brach aus, etwas, womit er geboren worden war und was er nicht zurückhalten konnte." Es muß der Moment gewesen sein, in dem sich Sekula dem Türken so nahe fühlte, daß sich die Scham seiner bemächtigte. So absurd es auch klingen mag: Er tat, was er tat, nicht aus Haß, sondern im Gegenteil: Er tötete, weil er diesen "Fremden" nicht hassen konnte. Dafür schämte er sich, dafür fühlte er sich schuldig. Denn die Freundlichkeit und das Gute, das er in sich selbst spürte, verwandelten sich in ein Gefühl der Schwäche. Und dieses Gefühl mußte er abtöten. Als er den anderen tötete, tötete er die Menschlichkeit in sich selbst.

 

     
 

Identifikation mit dem Aggressor:

 
     
 

Deutsche Kriegsgefangene

 
 

 

Die Grafik zeigt die Verteilung auf die fünf Kategorien: 11 % der Gefangenen warenaktive Nazis (F I), 25 % gläubige Nazis mit Vorbehalt (F II), 40 % waren unpolitisch (F III), 15 & passive (F IV) und 9 % aktive Anti-Nazis (F V

Die Studie von Dicks gibt einen differenzierten Einblick in das Ausmaß von Gehorsam und innerer Entfremdung unter den Nazis. Dicks interviewte mehr als tausend deutsche Kriegsgefangene zu einem Zeitpunkt, als diese noch an einen Sieg der Nazis glaubten. Sein Ziel war es, den Zusammenhang zwischen politischer Ideologie und Persönlichkeitsstruktur zu untersuchen.

Mit Hilfe einer speziell entwickelten Interviewtechnik wurden ihre politischen und persönlichen Merkmale in eine Werte-Skala unterteilt (genannt F-Skala), die die Gefangenen in fünf Kategorien klassifizierte: F I war der harte Kern fanatischer Nazis, F II waren die gläubigen Nazis, die Vorbehalte hatten, jedoch nur in Hinblick auf die Wirksamkeit, nicht in ethischer oder politischer Beziehung. Die Gruppe F III bestand aus unpolitischen Männern, die passiv soziale und politische Umstände akzeptierten. Sie wiederholten die Nazi-Parolen, aber ohne emotionale Überzeugung. F IV waren Männer, die passiv antinationalsozialistisch waren, die Konflikte erlebten, enttäuscht waren und nicht wußten, wo sie standen. Sie hatten Hitler aufgrund seiner politischen und wirtschaftlichen Versprechen unterstützt, waren Patrioten, zeigten aber Vorbehalte gegen Krieg und Nazis. F V waren aktive Gegner des Nationalsozialismus.

Dicks korrelierte diese politischen Kategorien mit Persönlichkeitsmerkmalen, die mit der Ablehnung von Zärtlichkeit sowie der Identifikation mit Mutter und Vater zu tun hatten. Dabei ergaben sich interessante statistische Beziehungen: Männer, die zu den Kategorien F I und F II gehörten, zeigten eine signifikante Ablehnung von Zärtlichkeit. Dies deutet darauf hin, daß sie in der Beziehung zu ihren Müttern keine Zärtlichkeit erfahren hatten, daß diese verboten war und daß dieses Zärtlichkeits-Tabu eine Unterdrückung der Empfindungen (und Bedürfnisse) gegenüber der "liebenden" Mutter bewirkt hatte.**)

Die Soldaten, die hohe Punktwerte in den F-Kategorien I und II erzielten, zeigten auch Muster großer Identifikation mit autoritären, bestrafenden und auf Gehorsam bedachten Vätern, ohne daß die Soldaten Zweifel oder Kritik an diesen äußerten ... Die Gefangenen, die sich durch eine gute Beziehung zu einer liebenden Mutter auszeichneten, waren auch am wenigsten der Nazi-Ideologie verfallen. Für die Männer mit hohen Werten auf der F-Skala existierten keine liebevollen Beziehungen zur Mutter oder zu Frauen im allgemeinen. Sie waren nur an politische und institutionelle Symbole gebunden. Diese Symbole wurden mit "Liebe" besetzt.

... Beim genaueren Betrachten von Einzelfällen aus den Gruppen F I und F II trat immer wieder eine Persönlichkeitsstruktur zutage, die auf äußerlichen Posen der Männlichkeit basierte. So beschreibt Dicks einen gewissen H.S. als reinen Poseur, dessen Beziehungen ohne jede Zärtlichkeit waren. "Wenn eine Frau weint und mich anfleht, sagte dieser, "muß ich lachen." Warme menschliche Gefühle seien an diesem Offizier nicht zu entdecken gewesen. "Nimmt man ihm seinen Glauben an die Nazis, würde er einfach zusammenbrechen, da kein innerer integrierender Kern existiert."

Dies bestätigt erneut, daß solche Menschen kein eigentliches Selbst und deshalb auch keine eigentliche Identität haben. Alles in ihrem Leben dient der Projektion ihres gehaßten inneren Opfers. Ihr Selbstmitleid ist eine Camouflage dieses Hasses.

Mit ihrer Brutalität, schreibt Dicks, konnten die überzeugten Nazis ihre Persönlichkeit zusammenhalten, die auf einer Identifikation mit destruktiven, bestrafenden Vätern beruhte. Er faßt die generelle Einstellung solcher Männer (mit einem Zitat Hitlers) so zusammen: "... alle diese intrigierenden, kultivierten Feinde rund um uns haben unsere berüchtigte nichtsahnende Einfachheit, Güte und Sanftheit mißbraucht. Falls sie glauben, daß wir solche Trottel sind, die sich ihrem Willen, uns zu vernichten, unterwerfen, werden wir ihre bösen Absichten mit größter Rücksichtslosigkeit zu vernichten wissen; jetzt werden wir ohne Erbarmen und ohne Skrupel agieren." Indem Hitler diesen Phantasien mit seiner scheinbaren Entschlossenheit und der Pose des "eisernen" Willens zum Ausdruck verhalf, gab er ihnen eine Kohärenz. Das veranlaßte die Menschen - selbst Träger solcher Phantasien - dazu, ihn zu ihrem Führer zu machen.
 

 

**) Das Fehlen jeglicher Zärtlichkeit in frühen Eltern-Kind-Beziehungen führt nicht zwangsläufig zur Entwicklung "faschistoider" Persönlichkeiten, bleibt aber lebenslang ein schweres Handicap für die Betroffenen, das nur unter großen kompensatorischen Anstrengungen (und manchmal gestützt auf spätere liebevolle und verlässliche Zuwendung) - wenn überhaupt - überwunden werden kann (d. Red.).
 


Ernst Penzoldt / Albert Fallscheer: Die Reise ins Bücherland. Ein Büchermärchen. Heimeran, München 1942
   Arno Gruen verweist auch darauf, daß im selben Band der Zeitschrift "Human Relations", in der Dicks seine grundlegende Untersuchung veröffentlichte, ein Artikel des weltweit angesehenen englischen Kinderpsychiaters Donald W. Winnicott erschien, der unabhängig von Dicks' Untersuchung zu ähnlichen Erkenntnissen kam:


D.W. WINNICOTT (1896-1971)
 

   Unter dem Titel "Einige Überlegungen zur Bedeutung des Wortes Demokratie" stellt Winnicott die These auf, daß eine demokratische Gesellschaft emotionale Reife brauche, um zu funktionieren. Außerdem stellt er die Frage, welchen Anteil an (verdeckt) anti-sozialen Individuen eine Gesellschaft verkraften könne, ohne ihre demokratischen Tendenzen zu verlieren. Als anti-sozial bezeichnet Winnicott Menschen, die sich aus Gründen, die mit ihrer inneren Unsicherheit zusammenhängen, mit Autoritäten identifizieren.

   Sie können Konflikte, die in ihrem Inneren entstehen, nur außerhalb ihrer selbst lokalisieren, um sie in den Griff zu kriegen. Winnicott meint hier, ohne es direkt auszudrücken, daß solche Menschen zwar ständig auf Kontrollieren ausgerichtet sind und für sich glauben, alles unter Kontrolle zu haben. Sie können ihr Leben aber gar nicht in den Griff bekommen, da sie den inneren Konflikt verleugnen.

   "Der gesunde, zur Depression fähige Mensch": Gesund ist für Winnicott eine Person, die traurig sein kann, die den Konflikt in sich selbst zu erkennen vermag wie auch das dazugehörende Umfeld.

   Grundlage einer Entwicklung zur anti-demokratischen Persönlichkeit ist für Winnicott die Tatsache, daß viele Eltern keine guten Eltern sind.

   Mit einer solchen Entwicklung geht auch die  Angst vor der Frau einher, die ihre Ursachen in der tiefen Abhängigkeit des kleinen Kindes von der Mutter hat. Winnicott ist der Meinung, daß diese Angst vor der Frau die eigentliche Triebfeder dafür ist, daß viele Menschen einander beherrschen wollen. Das heißt: Manche Menschen entwickeln das Bedürfnis, ein Diktator zu sein, um auf diese Weise der Angst zu entkommen, von einer Frau beherrscht zu werden. Dies ist ein unbewußter Vorgang, der die Eigenart aller Diktatoren erklärt, nicht nur auf absolutem Gehorsam und Abhängigkeit zu beharren, sondern auch darauf, von allen geliebt zu werden.

   Es handelt sich um ein Pendant zur ersten, terrorisierenden "Liebe" einer Mutter, die ihrem Kind in seinen Bedürfnissen nicht entgegenkommen konnte. Alles dreht sich um die Perversion einer Liebe, die keine war.

   Winnicott erkennt die dramatische Situation des Kindes in unserer Kultur, denn er schätzt den Anteil derer, die eine Liebe bekamen, aus der emotionale Reife entsteht, auf nicht mehr als 30 Prozent der Gesamtgesellschaft. (Erscheinungsjahr der deutschsprachigen Übersetzung des Beitrags 1965! D. Red.)***

   Aus diesem Grund ist Winnicott auch der Meinung,
daß sich die Frage nach der Stabilität einer demokratischen Gesellschaft nur im Zusammenhang mit der Art der Kindererziehung beantworten läßt.

   Winnicott macht noch auf etwas anderes aufmerksam: dass sich nämlich hinter der Suche nach dem starken Mann, der einen mit übrmenschlicher Macht beherrscht, die Angst vor der Frau verbirgt. Diese Angst wird verleugnet, indem der Frau magische, hexengleiche Eigenschaften zugeschrieben werden, was wiederum dadurch abgewehrt wird, daß man sie zum verachtenswerten, minderwertigen Objekt degradiert.

... In der Therapie begegnet man dieser Angst (vor der Frau) häufig, und zwar bei Männern und Frauen. Dass Männer diesen Terror verleugnen (der von der als übermächtig erlebten Mutter als ursprünglicher Angstquelle auf manche Kinder ausging, d. Red.), ist auch Teil ihres Macho-Seins. Sie verhüllen dadurch nicht nur ihre eigene Verzweiflung und Hilflosigkeit. Sie verhindern so auch, daß sich Frauen ihren Problemen mit dem Muttersein stellen.

  Außerdem machen sie es fast unmöglich, die Brutalität und Grausamkeit so vieler Menschen auf persönliche Verletzungen durch die Mutter zurückzuführen. Ein großer Teil gerade dieser Männer kultiviert ein göttliches Mutterbild, wobei sie allerdings die Mütter im Handumdrehen verachten, erniedrigen und vergewaltigen können, wenn diese nicht der ihnen zugeschriebenen Göttlichkeit entsprechen. Dieses Paradoxon innerhalb ihrer eigenen Mythen wurde der Militärdiktatur in Argentinien zum Verhängnis, als die "Mütter der Plaza Major" Klage erhoben. (So weit die Ausführungen von Arno Gruen.)

In Argentinien selbstbestimmter und wirksamer politischer Protest.

In Beslan fremdbestimmte "Operation", antihuman und politisch kontraproduktiv.

Beide Male von Müttern getragen bzw. mitverantwortet ... ......................................................................................................
 

Aufbau einer
 humanen Gesellschaft
und kindgerechten Welt!

 


Hans von Volkmann: Kinderbuch "Strabantzerchen" (erschienen 1906)


   Unsere eigene Alltagserfahrung und die weltweit gewonnenen Erkenntnisse der neueren Kinder-beobachtenden Entwicklungspsychologie weisen uns - ebenso wie der gesamte Schatz der Weltliteratur - eindringlich auf die Fundamente des Friedens und unseres Menschseins hin: den Aufbau liebevoller und verläßlicher Eltern-Kindbeziehungen. Und sie zeigen uns genau so eindringlich und unmißverständlich die tragische Entwicklung derjenigen, denen von Beginn ihres Lebens an zärtliche Zuwendung, Verläßlichkeit und Geduld versagt blieb.

   Vor allem die drei frühesten Lebensphasen und -krisen, aufgezeichnet z. B. im nachfolgend wiedergegebenen Diagramm aus Erik H. Eriksons berühmtem Werk "Identity and the Life Cycle" (1959), sind lebensentscheidend für das Kind: sie liefern den Grundton für die helle oder auch dunklere Melodie seines ganzen späteren Lebens.

   Zur Phase VII (Erwachsenenalter) des Diagramms  soll noch vorausgeschickt werden, daß der Begriff "Generativität" nicht einfach im engen "biologistischen" Sinn aufgefaßt werden darf, sondern in dem weit umfassenderen Sinn einer produktiven, weltzugewandten, gewissermaßen "schenkenden" Lebenseinstellung: Generativität ist also auch "geistige Vater- oder Mutterschaft" - und wie dringend brauchen viele Kinder gerade heute Freundschaftshingabe und -begleitung dieser Art!
 

Diagramm C aus: Erik H. Erikson: Identität und Lebenszyklus
suhrkamp taschenbuch wissenschaft, Frankfurt am Main 2003
 

..."An die Stelle der alten ... Gesellschaft mit ihren Klassen und Klassengegensätzen" - so der große prophetische Satz von Karl Marx - "tritt eine Assoziation, worin die freie Entwickelung eines jeden die Bedingung für die freie Entwickelung aller ist". Im Licht dieser Prophetie - und im Angesicht der furchtbaren, endlosen Kette von Kinder- und Völkermord "auf der Schlachtbank der Geschichte!" (wie Hegel schrieb) erscheint heute die Opferung der Kinder in Beslan wie eine ultimative Herausforderung an alle Völker - gleich welcher Zivilisation und Kultur -, sich mit Zartgefühl und Aufmerksamkeit den Kindern zuzuwenden (und damit auch ein wenig dem "Kind, das in uns weiterlebt", wie Nancy Friday es ausdrückte). Denn es sind ja gerade die so unscheinbaren und alltäglichen - und vielleicht eben deshalb bisher nicht genügend beachteten - Anfangsbedingungen im Leben jedes einzelnen Menschen, die - sofern sie den Bedürfnissen des Kindes gerecht werden - die innerlich freie und eigenständig-widerständige Entwicklung der Individuen weltweit ermöglichen.

Die entschiedene, respektvolle Hinwendung der Weltgesellschaft zu den Kindern (mit ihrer besonderen Schutzbedürftigkeit und ihren eigenen Lebensbedürfnissen) müßte demnach mit einschließen: Grenzen sprengendes zivilgesellschaftliches Engagement bei der Verbreitung des Wissens über die universalen Gesetze der kindlichen Entwicklung, Eintreten für die allgemeine Geltung und Respektierung dieses Wissens!

Denn es sind ja bisher ausgerechnet (und wie man befürchten muß, fast ausschließlich) rücksichtlos durchsetzungsbereite, zahlenmäßig kleine Interessengruppen, die über eine genaue Kenntnis der kindlichen Entwicklungsgesetze längst verfügen und die unschätzbare Bedeutung und Ausbeutbarkeit vor allem der alterstypischen Entwicklungskrisen bei der ideologischen Steuerung der "Massen" instinktiv und routiniert erfaßt haben. Dieser für die Gesellschaft so verhängnisvolle Sachverhalt ist bisher weitgehend unerkannt -  und nur solange er unerkannt bleibt, können "Überredungsexperten" Ideologien (gleich welcher Art und Richtung) im höchst eigenen Interesse verbreiten, können sie den Menschen "Paradiese" versprechen, sie aber in Wirklichkeit über ANGST manipulieren ...

Deshalb werden wir erst dann wirklich weltweit in Frieden miteinander leben und arbeiten können - erst dann unsere eigenen Lebensentwürfe und die humane Seite unserer so reichen und vielfältigen Lebenskulturen und Traditionen zur vollen Entfaltung bringen können, wenn wir die subversiven Techniken ideologischer Beeinflussung (in wessen angeblichem Namen auch immer) ein für allemal durchschaut und zurückgewiesen haben auf dem sicheren Grund unserer eigenen Kenntnis über die universalen Gesetze der kindlichen Entwicklung.
 

 

Oktober 2004 / Oktober 2011 / September 2014
Forum Bürgerfernsehen


Anmerkungen:

   Das als Taschenbuch erschienene Werk von Arno Gruen "Der Kampf um die Demokratie - Der Extremismus, die Gewalt und der Terror" ist nach wie vor von so großer Aktualität, daß wir hier auf diese wichtige Arbeit hinweisen wollen.

   Arno Gruen: "Ich begann mit diesem Buch im Mai 2001. Ich wollte darin meine Erfahrungen mit dem Rechtsrakikalismus zusammenfassen ... Dann kam der 11. September ... Wir schienen plötzlich eingeholt zu werden von den Rückwirkungen einer Welt, die Menschen ausbeutet, ihren Leiden und Schmerzen gleichgültig gegenübersteht und die als schwach Eingestuften diffamiert.

   Gewiß: Gewalt ist nicht neu. Sie ist Bestandteil dessen, was alle "großen Zivilisationen" heranzüchten, weil ihre Basis Herrschaft und Besitz sind. Damit gehen die Verachtung menschlicher Werte wie auch die Verachtung des Weiblichen und der Kindheit einher. Die technischen Entwicklungen dieser Zivilisationen machen es jedoch auf einmal möglich, daß nur wenige Menschen die Welt im Namen Gottes der Zerstörung preisgeben und den Tod als Sieg zelebrieren können ...

... Unsere politischen Führer predigen - wie im Falle der USA - Vergeltung und sind nicht in der Lage, die wahren Ursachen dieser Krankheit der Gewalttätigkeit und Todessucht zu durchschauen. Im Gegenteil: Genau so wie den terroristischen Attentätern fällt ihnen nur das Töten als Lösung ein ...

... Sophie und Hans Scholl verstanden, wie der Betrug am Menschen durch scheinbar geistige Argumente verdeckt wird. Sie erkannten, dass man einer Entwicklung, die durch und durch ungeistig ist, nicht mit geistigen Argumenten beikommen kann und darf. Die Sprache der Radikalen, die von Krieg und Vergeltung, von Idealen und Nationalem spricht, mag sich geistig gesund anhören. In ihrer Ignoranz gegenüber Ohnmacht, Elend und Demütigung ist sie jedoch völlig von der Realität menschlicher Gefühle und Bedürfnisse abgetrennt. Sie fördert einzig Macht und Größe, die die Grundlagen unserer Zivilisationen bilden und deren Auswirkungen wir uns endlich stellen müssen. Terror und Gewalt ist nur Einhalt zu gebieten, wenn die wirklichen Bedürfnisse der Menschen anerkannt werden; wenn wirkliches Elend, wirkliche Armut sowie die Ausgrenzung und Entwürdigung ganzer Bevölkerungsgruppen unterbunden werden. Nur so kann es uns möglich sein, ein Leben, das demokratisch und lebendig ist, aufrechtzuerhalten." ...

...Nur so können demokratische Gesellschaften Bestand haben: indem sie die wahren Bedürfnisse von Menschen erkennen und ernst nehmen, indem sie Kindern die Möglichkeit zu einer wahren Kindheit bieten, die sich an eigenen empathischen (einfühlenden) Wahrnehmungen und Bedürfnissen orientiert. Das ist die Rettung für die Menschheit. Die Zeit drängt. All jene, die dem Leben zugewandt sind, müssen zusammenstehen und es sich zur Aufgabe machen, allen Menschen eine würdige Existenz zu sichern ... Zum andern müssen wir das Wohl unserer Kinder festigen. Es würde soviel weniger kosten, in das Leben zu investieren, anstatt Aufrüstung und Kriege zu finanzieren. Wir haben keinen andern Weg als den des Lebens."

Aus dem Inhalt:

1. Rechtsradikalismus:
Rechte Gewalt - Der verpönte Schmerz - Die Verkehrung der Gefühle - Der Fremde - Nichtidentität und die Gefahr für die Demokratie - Selbstmitleid - Das innere Opfer - Die Prägung durch die elterliche Pose als Identitätsformation

2. Linker Radikalismus:
Linke Gewalt - Der Rechtsradikale und der linke Rebell

3. Empathie:
Das Gegenmittel zum Unmenschlichen

4. Hass und Gewalt sind das Motiv - nicht Ideologie:
Der Hass

5. Selbstmitleid und Schmerz in der Entstehung von Gewalt

6. Gehorsam, Mitgefühl und Identität

7. Gewalttätigkeit als Lebendigkeit

8. Die unerkannte Krankheit: Die Maske der Menschlichkeit

9. Der Terrorismus

10. Das Morden

11. Das Opfersein

12. Was tun?

_________________


*Arno Gruen: Der Fremde in uns
dtv, 2. Aufl., München Februar 2003
Arno Gruen: Der Kampf um die Demokratie - Der Extremismus, die Gewalt und der Terror
dtv Taschenbuch Verlag, München Oktober 2004
***D.W. Winnicott: Familie und individuelle Entwicklung
Fischer TB (Reihe "Geist und Psyche"), 10. - 11. Tausend, Frankfurt am Main 1997

Weitere Literaturhinweise:

Anna Freud: Das Ich und die Abwehrmechanismen, Kindler Taschenbücher (Reihe "Geist und Psyche"), 7. Aufl., München 1970

Erik H. Erikson: Identität und Lebenszyklus, suhrkamp taschenbuch wissenschaft, 7. Aufl., Frankfurt am Main 1981

Louise J. Kaplan: Die zweite Geburt - Die ersten Lebensjahre des Kindes, Nachwort von Margaret S. Mahler, Piper Verlag, München 1989. Nancy Friday: "Dies ist ein Buch, das ich jeder werdenden Mutter und jedem zukünftigen Vater in die Hand geben möchte ... Louise Kaplan läßt die ersten Lebensjahre in einer so berührenden und einfühlsamen Weise lebendig werden, daß der Leser nicht nur die Gefühle und Reaktionen von Säugling und Kleinkind verstehen lernt, sondern daß er zugleich auch sich selbst begegnet - dem Kind, das in ihm weiterlebt."
 


Louise J. Kaplan

 


 

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November 2014