Religionen stellen sich
heute als friedliebend dar. Eine genaue Betrachtung hingegen zeigt, dass
sie aus inneren Gründen nicht friedfertig sind; vielmehr musste ihnen
Friedfertigkeit erst aufgedrängt werden. Hartmut Zinsers scharfsinnige
Untersuchung führt eindringlich vor Augen, wie selbst Religionen, die
Gewaltlosigkeit lehren, Krieg zum Teil auf krummen Wegen immer wieder
gerechtfertigt haben. Dabei schreibt das Buch keine weitere Geschichte der
Religionskriege, was immer dann nahe liegt, wenn Kriege als
»Ketzerkriege«, »Missionskriege« oder »heilige Kriege« klassifiziert
werden. Zinser richtet sein Interesse auf eine viel grundlegendere
Fragestellung: nämlich auf das »Kriegspotential der Religionen«; ob
Religionen nicht selbst ständig Gewalt hervorbringen und wenn ja, wie
diese Mechanismen entstehen und funktionieren. Da es ohne einen Frieden
der Religionen kaum Aussicht auf das geben wird, was Kant vor Augen stand,
als er vom ewigen Frieden sprach, muss von ihren Amtsträgern und Anhängern
gefordert werden, dass sie selbstkritisch ihre kriegstreibenden Tendenzen
bedenken und eindeutig alle Kriege abweisen und dies auch gegen Positionen
und Gruppen innerhalb ihrer eigenen Reihen vertreten. Erst dann könnten
Religionen zu friedensstiftenden Instanzen werden.
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