Ernst Barlach & Die Thomaner

Am 26. September 1932 schrieb Hugo Distler aus Lübeck nach London an seine Braut Waltraut Thienhaus:

 

 

"Heute mittag sah ich mir die 3 Barlach Figuren für Katharinen an (z.Zt. auf dem dortigen Chor aufgestellt): den Bettler, den Du ja kennst, einen singenden Jüngling und eine 'Frau im Wind', herrliche Gestalten von einem außerordentlichen Ebenmaß, der singende Jüngling scheint so etwas  wie kindlich-heitre bewußtlose Anbetung zu verkörpern, ich dachte da an das seltsame Erlebnis, das ich beim Hören der Thomaner empfand: denk Dir diese Kinder, die sicher überwiegend nicht die Worte noch geschweige den tieferen Sinn dessen verstehen, was sie singen; und doch ahnen, fühlen sie im tiefsten Inneren unbewußt, aber so stark, daß es auf den Zuhörer größten Eindruck auszuüben vermag; es wirkt auf den Empfänglichen ebenso elementar wie die Natur selber. - Dann die "Frau im Wind": eine im andern Sinn "musikalische" Gestalt: da ist alles Bewegung, Schwingung, man denkt an eine vom Geist Gottes überkommene Heilige, wie alle diese 3 Figuren ja irgendwie mittelalterlich wirken, Ich kaufte mir 3 Photos von den Figuren u. freue mich sehr, sie recht oft zu sehen."

 

     

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