Zensur

 



    Der Sperrvermerk auf dem nebenstehend abgebildeten DAZ-Zeitungsausschnitt zeigt, daß
der Kirchenmusiker Hugo Distler mit der Übernahme des Berliner Staats- und Domchors zum 1. April 1942 endgültig ins Fadenkreuz jener NS-Funktionäre
geriet, die mit der "weltanschaulichen Schulung" der Parteimitglieder, insbesondere der HJ, betraut waren. Distler wurde von da an - vermutlich zunächst ohne sein Wissen - staatlicherseits beobachtet und überwacht. Der Artikel über den "neuen Domchordirektor" Hugo Distler hätte offensichtlich
zum 1. April 1942 erscheinen sollen.


Quelle: oaseverlag.de
 


Der Staats- und Domchor auf den Treppenstufen des Doms.
Quelle: oaseverlag.de

Auf die Funktion des Berliner Doms als "Staatskirche" der deutschen Kaiser weist ein altes Schild aus dem
Inneren des Bauwerks hin:


Quelle: oaseverlag.de

Literatur:
Peter Hahn: Staats- und Domchor Berlin. Ein Lese-
und Bilderbuch.
Badenweiler 2004
Barbara Distler-Harth: Hugo Distler - Lebensweg
eines Frühvollendeten.
Mainz 2008

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Die bis 1945 in Berlin erscheinende Deutsche Allgemeine Zeitung geriet von 1933 an zunehmend unter politischen Druck. Mehr und mehr führten
selbst kleinste Abweichungen von den Sprachregelungen des Propagandaministeriums zu empfindlichen Sanktionen: zu personellen Konsequenzen und Publikationsverboten. Die
Situation für die Redaktion der DAZ verschärfte sich noch mit Beginn des Zweiten Weltkriegs. Aus Protest gegen die Bevormundung und Gängelung durch das Propagandaministerium verließ der Chefredakteur
Karl Silex die Zeitung 1943.

Literatur:
Karl Silex: Mit Kommentar. Frankfurt am Main 1968
Heinz-Dietrich Fischer: Die Deutsche Allgemeine Zeitung. In: H.-D. Fischer, Hg.: Deutsche Zeitungen des 17. bis 20. Jahrhunderts. Verlag Dokumentation, Pullach 1972
Ursula von Kardorff: Berliner Aufzeichnungen 1942
bis 1945.
München 1994

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Aus einem Brief Hugo Distlers an seine Frau vom 4. Oktober 1940:

"Zur Politik: ich bestellte heute die DAZ, damit ich
wenigstens eine vernünftige Zeitung habe. Heut treffen sich ja Benevelutolf mit Adolfo. Der Dreierpakt* wird hier durchaus nicht als Bändigung Amerikas aufgefasst,
sondern gerade als Zeichen dafür, wie stark Amerika
schon mit England alliiert ist, also eine Folge
vorausgehender Abmachungen auf der Gegenseite. Dieser
Meinung gibt jetzt ein bemerkenswert offener Artikel der 'Prawda' recht, die schreibt, der Pakt leite eine zweite, 'gigantische' Periode des Kriegs ein."

*Der "Dreierpakt" zwischen Deutschland, Italien und
Japan vom 27. September 1940

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