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"Mediengewalt - Handeln statt Resignieren!": |
Zu
diesem Thema fand am 25. Juli 2002 in der Münchner
Ludwig-Maximilians-Universität ein epochaler Kongreß statt. Im überfüllten Hörsaal vor Praktikern aus
allen Erziehungsbereichen, insbesondere der Grund- und Hauptschulen,
konnten renommierte Wissenschaftler auf den Gebieten der
Medienwirkungsforschung und Gewaltprävention - u.a. der Universitäten
München, Regensburg, Bochum und Flensburg – überzeugend darlegen, daß
Mediengewaltkonsum bei 10 – 15% der Kinder und Jugendlichen in
Deutschland (d.h. bei rund 1,5 Millionen von ihnen) Aggressivität bis
hin zu offener Gewalttätigkeit nachweislich bewirkt; in psychosozialen
Risikogruppen ist diese Wirkung noch sehr viel gravierender. Intensiver
Horror-Gewaltfilmkonsum und Killerspiele bewirken zwangsläufig das
Lernen destruktiver Emotionen (Haß, Neid, Rache), von Feindbildern und
latenter Gewaltbereitschaft. Bei Vielspielern am Computer wurden an der
Nihon Universität Tokio Hinweise auf Veränderungen der Gehirnaktivität
gefunden, die mit aggressiven Verhaltensänderungen in Beziehung stehen
können. Gewalt-Computerspiele bewirken unmittelbar eine emotionale
Desensibilisierung und langfristig eine herabgesetzte
Mitleidensfähigkeit; die angeborene Tötungshemmung wird im Kontext
weiterer Lernprozesse abgebaut. Metaanalysen über einige tausend
internationale Wirkungsstudien zur Mediengewalt belegen diese
wissenschaftlichen Fakten. Eine Resolution mit den wichtigsten
Ergebnissen fünfzigjährer Mediengewalt-Wirkungsforschung und mit der
Forderung nach politischen und pädagogischen Konsequenzen wurde von den
Wissenschaflern des Kongresses unterzeichnet und der Öffentlichkeit
zugänglich gemacht.*
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Damit konnten die Wissenschaftler die vonseiten einflußreicher
Medieninteressengruppen immer wieder publikumswirksam lancierten
Behauptungen eines Heeres von sogenannten Medienexperten ein für allemal
widerlegen, daß ein "signifikanter" Wirkungszusammenhang zwischen
Mediengewaltkonsum und Gewaltbereitschaft bis hin zu offener Gewalt
angeblich nicht nachweisbar sei.
I m neuen Licht dieser überwältigenden - und nach "Erfurt" nicht mehr
zu ignorierenden Forschungsergebnisse (die lange Zeit in der
Öffentlichkeit so gut wie totgeschwiegen wurden) muß auch die Geschichte
der Medienpolitik der achtziger Jahre im westlichen Teil Deutschlands
einer umfassen Analyse unterzogen werden.
Ziel dieser weitgehend "hinter verschlossenen Türen" sich
abspielenden Politik aller damals regierenden politischen Parteien war
bekanntlich der 1987 zwischen den Ministerpräsidenten der alten
Bundesländer geschlossene Rundfunkstaatsvertrag zur Einführung der sogenannten dualen Rundfunkordnung im Sendegebiet der alten
Bundesrepublik. Quasi über Nacht und ohne Vorwarnung, geschweige denn
Befragung der betroffenen Bevölkerung wurde mit dem Vertrag das
Quotenfernsehen US-amerikanischen Zuschnitts hierzulande "salonfähig"
gemacht, d.h. dem damals noch überwiegend gebührenfinanzierten
öffentlich-rechtlichen Fernsehen quasi gleichrangig zur Seite gestellt.
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In den zahlreichen medienpolitischen Diskussionsrunden der achtziger
Jahre, die der gesetzlichen Einführung des Kommerzfernsehens 1987 in
Westdeutschland vorangingen, wurden die längst absehbaren "Risiken und
Nebenwirkungen" des anvisierten "dualen" Fernsehsystems für die
Bevölkerung insgesamt – vor allem aber für die Kinder – immer wieder
warnend zur Sprache gebracht. Längst gab es ja dazu eine Fülle
erdrückender Befunde, zutage gefördert durch namhafte Wissenschaftler,
die in den USA und in vielen anderen Ländern in universitären und
staatlichen Forschungseinrichtungen die Wirkungen des Fernsehens auf
Kinder und Erwachsene untersuchten.
D iese Untersuchungen verdanken ihre besondere Dignität dem Umstand,
daß ihre Ergebnisse nicht dem ungehemmten Kapitalinteresse
derjenigen "wie von selbst" entgegenkommen, die die globale Ausweitung
ihrer Märkte mit allen verfügbaren Mitteln vorantreiben.Diese Ergebnisse
waren nachzulesen in international führenden Fachzeitschriften auf den
Gebieten der Psychiatrie, der Neurophysiologie, der Erforschung der
Gehirnentwicklung, der Kinderheilkunde, der Entwicklungspsychologie und
der Pädagogik, um nur einige wesentliche Forschungsfelder zu nennen.
Angesehene amerikanische Zeitungen und Wochenmagazine wie "The New York
Times" und "Newsweek" informierten ihre Leser regelmäßig über diese
vereinten Wissenschaftsbemühungen, von verschiedenen Seiten her die
weitreichenden und komplexen Wirkungen des quotenorientierten Fernsehens
auf Individuen und Gesellschaft Schritt für Schritt aufzuhellen. **
Wer aber hierzulande in der Mitte der achtziger Jahre auf solche
unabhängigen Forschungsarbeiten warnend hinwies und in diesem
Zusammenhang womöglich noch die aufs amerikanische
Fernsehen bezogene Kritik renommierter Autoren wie Vance Packard, Marie
Winn, Neil Postman, George Gerbner, Eric Lerner u.a. ins Feld führte,
der landete schnell, meist ohne es selbst zu ahnen, in der "Speaker’s
Corner" der medienpolitischen Arena – dort, wo die unverbesserlichen
Käuze, "Fortschrittsverweigerer" und "Kulturpessimisten" Gelegenheit
hatten, ihr Redebedürfnis zu befriedigen – ohne dabei den Vormarsch der
neuen Medienpolitik im geringsten aufzuhalten.
Wohin die Reise ging, darüber belehrte Edmund Stoiber die Leser des
"Bayernkurier" in einem Leitartikel ("Der Bürger ist mündig") vom 2.
März 1985:
"Die Verweigerer, Verhinderer und Reglementierer stellen sich selbst
ins medienpolitische Abseits. Sie tragen die Verantwortung dafür, wenn
Deutschland technisch den Anschluß auf dem Gebiet der elektronischen
Medien verliert. Die verheerenden Folgen für unsere Wirtschaft
und die Sicherheit unserer Arbeitsplätze sind heute kaum absehbar
... Bisher wurde unsere Medienlandschaft durch die
Monopolstellung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bestimmt
... Wir waren immer der Meinung, daß auch in diesem Bereich
Konkurrenz zugelassen und ermöglicht werden muß, sobald die technischen
Voraussetzungen hierzu vorhanden sind ... Wir übersehen keineswegs
die Probleme und möglichen Fehlentwicklungen. Freiheit kann
natürlich auch mißbraucht werden. Beispiele der Horror- und
Gewaltdarstellung zeigen dies eindringlich ... Aber es widerspricht
unserer Grundauffassung, sich wegen der Mißbrauchsmöglichkeiten
gegen die Freiheit zu entscheiden." |
Hier wird mit einem ehrwürdigen Begriff irreführend jongliert - ein
großes Wort bedenkenlos in Dienst genommen: Denn die einzige Freiheit,
um die es in Stoibers Argumentation in Wahrheit ging, war die
Entfaltungsfreiheit der Medien- und Telekommunikationskonzerne.
Neben Edmund Stoiber gehörten zu den Wortführern der neuen
Medienpolitik auch Leute vom Durchsetzungsvermögen und der zupackenden
Denkungsart eines Rudolf Mühlfenzl (des Initiators des "Münchner
Kabelpilotprojekts"). In einem Grundsatzreferat richtete sich Mühlfenzl
1985 in München an Mitglieder des Kulturpolitischen Arbeitskreises der CSU:
"Dank des entschlossenen Handelns seitens der (Bayerischen)
Staatsregierung und der CSU-Landtagsfraktion am Beispiel des
‚Medienerprobungs- und Entwicklungsgesetzes‘ (MEG) sind in Bayern
Fakten geschaffen worden, an denen niemand mehr vorbeikommt
...
Da mag sich die selbsternannte Medienelite aus Publizistik und
Kirchen vor wenigen Wochen tagelang in tiefschürfenden Analysen
etwa des Programms von SAT 1 ergangen haben und – wie nicht anders zu
erwarten – zu vernichtenden Ergebnissen gelangt sein, den Bürger läßt
das gleichgültig. Dieser Unterhaltungskanal steht an der Spitze der
Beliebtheit ... Wir sollten uns klarmachen, daß von den nationalen und
auch den ausländischen (kommerziellen) Vollprogrammen die inhaltliche
Vielfalt, die wir mit Hilfe der neuen Medientechniken herstellen wollen,
nicht ausgehen wird ... Hier wird die massen-attraktive
Unterhaltung bei weitem dominieren." (Mühlfenzl meint damit die systematisch unterschwellig operierende, manipulatorische "Unterhaltung", deren einziger Zweck die
"Attraktion" der Massen an die Bildschirme ist, d. Verf.) ...
"Informationsteile werden ... zahlenmäßig deutlich in der Minderheit
bleiben ... In diesen privaten nationalen und ausländischen
Vollprogrammen werden Bildungs- und Kulturprogramme so gut wie keine
Rolle spielen – da soll man sich selbst und anderen nichts
vormachen." |
Die von Mühlfenzl so bezeichnete "selbsternannte Medienelite aus
Publizistik und Kirchen" wurde in ihrer Kritik unterstützt durch andere
gesellschaftliche Gruppen – vor allem aus dem Erziehungsbereich. Sie
alle hofften – wie gesagt – damals noch, die medienpolitischen
Meinungsführer rechtzeitig sensibilisieren zu können für die vorhersehbaren psychischen, sozialen und kulturellen Risiken und
Folgelasten, die der Gesellschaft durch die totale Umschaffung ihres
Fernsehsystems aufgebürdet werden würden. Denn wer nur wollte,
konnte sich ja – gestützt auf die oben erwähnten unabhängigen
Untersuchungen – ein genaues, ungeschöntes Bild machen von dem Ausmaß
und der Wesensart der Veränderungen, welchen die Menschen durch den
radikalen Zugriff des Kommerzfernsehens auf ihre Privatsphäre unweigerlich unterworfen werden würden.
S o vorgewarnt, hätten die damals verantwortlichen Medienpolitiker mißtrauisch und hellhörig werden müssen gegenüber jener Flut
verharmlosender "Expertisen" (wie die des an anderer Stelle schon
zitierten William J. McGuire), welche die psychologische
Unbedenklichkeit des zukünftigen, quotenorientierten Fernsehens – selbst
für Kinder – wieder und wieder zu beweisen vorgaben. Dies umso mehr, als
jene Politiker für sich selbst den "durchschlagenden" Effekt unterschwelliger Wählerbeeinflussung sehr wohl zu schätzen und
zu würdigen wußten.
Wie anders ist es zu verstehen, daß führende Unionspolitiker schon
Ende der siebziger Jahre für ihre eigene Plakat- und Fernsehwerbung die
Dienste von Medienkoryphäen wie etwa des vormaligen ORF-Intendanten Gerd
Bacher großzügig in Anspruch nahmen, - eines Mannes, der
ausgewiesenermaßen die "Materie" (d.h. das "natürliche Gefälle"
Fernsehen – Werbung – Gesellschaft) aus dem ff beherrscht?***
Aber die selben Parteipolitiker von Bonn bis München, die den tiefgreifenden psychologischen Wirkungen gekonnter Werbung so eminente
Bedeutung beimaßen, daß sie sich dazu der Dienste des besten und
erfahrensten Fernseh-Routiniers im deutschsprachigen "Kulturraum"
versicherten, - eben diese Politiker sahen offenbar nichts Irritierendes
darin, daß gleichzeitig ein Heer von "Experten" gerade sie von der
"mentalen Harmlosigkeit" geballter psychologischer Macht in der Werbung
und Unterhaltung des angestrebten kommerziellen Fernsehens
zu überzeugen suchte.
Wußten sie etwa nicht, wie zweifelhaft
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in ihrem Wert für die Gesellschaft
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jene "im Namen der Wissenschaft" verfaßten
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Gutachten sind, die
bedenkenlos für gut erachten, |
was dem unersättlichen Kapitalinteresse
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einiger weniger "wie von selbst" entgegenkommt?
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Mit anderen Worten: Entweder wußten die damals
politisch Verantwortlichen, was sie taten, als sie jene im Namen der
Wissenschaft verfaßten Unbedenklichkeitserklärungen**** als "grünes
Licht" für sich verbuchten. Oder aber sie durchschauten die
Doppelbödigkeit ihres Vorhabens nicht. In beiden Fällen
bleibt es dem Leser überlassen, sein Urteil über ihre medienpolitische
Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit zu fällen.
Der für die Bevölkerung so folgenschwere Rundfunkstaatsvertrag von
1987 wurde von allen damals regierenden Ministerpräsidenten (Union und
SPD) unterzeichnet. Sie brachten damit auch – zum Schaden der
Demokratie – das per Verfassung den Bürgern
verpflichtete
öffentlich-rechtliche Fernsehsystem unter massiven kommerziellen Druck –
und damit in (noch größere) Abhängigkeit von den politischen Parteien,
die die Kontrollgremien der Rundfunkanstalten beherrschen.
Inzwischen emanzipierten sich – quer durch die Parteien – einzelne einflußreiche
und medienpolitisch zunehmend nachdenkliche Politiker (wie etwa Jürgen
Rüttgers, CDU, Heide Simonis und Wolfgang Clement, SPD) von
der medienpolitischen Generallinie ihrer je eigenen Parteiführungen. Sie
fordern Partei-Unabhängigkeit für die öffentlich-rechtlichen Sender:
politische Parteien sollen künftig in den Kontrollgremien
öffentlich-rechtlicher Rundfunkanstalten nicht mehr vertreten sein.
Dies sind hoffnungsvolle Zeichen für zunehmende Sensibilität und
Eigenständigkeit bei der Beurteilung des hochempfindlichen und labilen
Beziehungsgefüges zwischen Massenmedien und Gesellschaft.
Üben wir uns also
in der Kunst der Unterscheidung der Geister, wenn wir
die medienpolitischen Bekenntnisse und Bekundungen derjenigen hören, die
höchste politische Ämter in unserem Staat innehaben oder sich um sie
bewerben.
Pionierrang auf dem Feld verantwortungsbewußter
Medienpolitik hat die Ökologisch-Demokratische Partei (ÖDP), in der
erstmals die Forderung nach einem politisch unabhängigen
öffentlich-rechtlichen Fernsehsystem ohne Werbung und Quotenzwang
öffentlich erhoben wurde. Bernhard Suttner (ÖDP) sieht die geforderte Weiterentwicklung des öffentlichen Rundfunks als
geschichtliche Notwendigkeit an, denn:
Unabhängige Medien sind unerläßlich
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für den Aufbau einer |
humanen demokratischen
Gesellschaft. |
Und
je mehr die Gesellschaft insgesamt -
unterstützt und inspiriert durch unabhängige Medien - an emotionaler Sicherheit
und an politischer Reife Schritt um Schritt hinzugewinnen wird, desto selbstverständlicher
wird sie dann auch die ökologische Wende aus eigener Einsicht und
Kraft Schritt um Schritt vollziehen.
Juni 2004 / Juni 2009
Forum Bürgerfernsehen
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* Die Resolution wurde unterzeichnet von: Dr. W. H. Hopf, München;
Dr. M. Kandler, Univ. München; Prof. em. Dr. E. F. Kleiter, Univ. Flensburg;
Prof. Dr. H. Lukesch, Univ. Regensburg; Dr. R. Steckel, Univ. Bochum;
Prof. Dr. R. Tippelt, Univ. München; Dr. C. Trudewind, Univ. Bochum; Dr.
R. H. Weiß, Stuttgart.
** Literaturhinweise:
- Friedlander, Bernard Z., Wetstone, Harriet S., Christopher S.,
Suburban Preschool Children's Comprehension of an Age-Appropriate
Informational Television Program, in: Child Development, Bd.
45, 1974.
- Coates and Hartrup, Age and Verbalization in Observational
Learning, in: Development Psychology, Bd. 1, 1969.
- Deikman, Arthur J.; Bimodal Consciousness, in: Archives
of General Psychiatry, Dezember 1971.
- Haber, Ralph N., Eidetic Images, in: Scientific American,
April 1969.
- Rosenzweig, Mark R., Bennet, Edward L. und Cleeves Diamond, Marian,
Brain Changes in Response to Environment, in: Scientific
American, Februar 1972.
- Bronfenbrenner, Urie, Is Early Intervention Effective?, in:
Bericht für das Department of Health, Education and Welfare,
Washington D.C., 1974.
- Cline, Victor, The Desensitization of Children to Television
Violence, in: National Institutes of Health, 1972.
- Bronfenbrenner, Urie, Who Cares for America's Children?
Beitrag zur Konferenz der National Association for the Education of
the Child, 1970.
- Gadberry, Sharon, Television as Baby-Sitter: A Field Comparison
of Preschool Behavior During Playtime and During Television Viewing,
in: Child Development, Bd. 45, 1974.
- Gould Jack, Family Life 1948 AT (After
Television):
Die Kinderstunden im Fernsehen sind zugegebenermaßen
ein heimtückisch wirkendes Beruhigungsmittel für die E l t e r n .
Mit den fächerförmig vor dem Gerät ausgebreiteten Knirpsen geht eine
merkwürdige, aber wohltuende Stille einher . . . ."
in:
The New York Times, 1. August 1948 (Zitat aus einem Artikel des
ersten Fernsehkritikers dieser Zeitung).
- Why Johnny can't Write, in: Newsweek, 8. Dezember
1975.
- Skyrocketing Juvenile Crime, in: The New York Times,
21. Februar 1975.
- Morgan, Ted, They think I Can Kill because I'm 14, in:
The New York Times Magazine, 19. Januar 1975.
- Youthful Violence grows, in: The New York Times, 4.
November 1974.
- Haddad Ryan, Barbara, Would You Free Your Children from the
Monster?, in: Denver Post, 9. Juni 1974.
- McCarthy, Colman, Ousting the Stranger from The House, in:
Newsweek, 25. März 1974.
- Packard, Vance, Our Endangered Children. Growing Up in a
Changing World, Copyright 1983 by Vance Packard, deutsch: Verlust
der Geborgenheit. Unsere kinderkranke Gesellschaft, Bern und München
1984.
- Winn, Marie, Die Droge im Wohnzimmer, a.a.O.
- Postman, Neil, Das Verschwinden der Kindheit.
- Postman, Neil, Wir amüsieren uns zu Tode, a.a.O.
- Gerbner, George, Annenberg School of Communication, University of
Pennsylvania, Philadelphia:
"Television today ist the
central cultural arm of American Society. From infancy on, Children
learn more about society from TV than from school, their parents, or any
other source. TV's role is like that of religion in preindustrial
society - TV is today's religion."
Zitiert nach
Lerner, Eric J., The Great Culture machine:
brainwasher or educator?, in: IEEE Spectrum,
Internationale Mitgliederzeitschrift des Institue of Electrical and
Electronics Engineers, 6/1984 (Sondernummer zum Thema Beyond 1984:
technology and the individual).
*** Gerd Bacher war langjähriger Generalintendant des
"Österreichischen Rundfunks" (1967 zum ersten Mal gewählt). Ablösung
1974; 1975 und 1976 Publizist und Medienfachmann im In- und ausland;
1978 erneut Generalintendant des ORF.
**** Dazu Gerd Bacher in einem am 16. April 1996 gehaltenen Vortrag vor
dem "Münchner Arbeitskreis öffentlicher Rundfunk":
"Der
gesellschaftliche Stellenwert des public broadcasting (des öffentlichen
Rundfunks) ist angesichts der durch kommerzielle Libertinage
ausgelösten (Medien-)Wirkungsdiskussion besonders relevant geworden.
Der jahrzehntelang verzapfte Unsinn von der Macht- und Einflußlosigkeit der Massenmedien ist infolge der Medienabhängigkeit zeitgenössischer Politik auch für den
Naivsten obsolet."
Es ehrt den Redner, wenn er dies heute offen sagt. Was er allerdings
(noch) nicht sagt, ist die Konsequenz aus seiner – wann
immer entstandenen – Erkenntnis: Wenn nämlich das Fernsehen, wie Bacher
hier einräumt, tatsächlich suggestive Macht- und Einflußmöglichkeiten
hat (und Bacher muß wissen, wovon er spricht!), dann ist der öffentliche
Rundfunk dazu verpflichtet, die Bevölkerung hierüber aufzuklären.
Dies aber können die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (deren
gesellschaftskulturellen Auftrag Bacher vehement beschwört) nur leisten,
wenn sie selbst sich (getragen durch gerechte Zuschauergebühren
einer medienpsychologisch und medienpolitisch mehr und mehr aufgeklärten
Bürgerschaft) vom Kapitalbeschaffungsinstrument Werbung trennen – und damit zugleich lösen vom Zwang zu
quotenorientierter Unterhaltung mit ihren immer neuen "Schüben an
Trivialität, Gewalt und Obszönität" (Bacher).
Das Thema von Bachers Vortrag lautete: "Zwischen Zwangsbeglückung
und Schwachsinn. Die Zukunft des öffentlichen Rundfunks in einer
Medienwelt, die sich vor allem rechnen muß".
*** * * ***
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