Unter dem
Joch von
Ideologie und Technokratie
 

elektronische Massenmedien & Totaler Markt

 

FRANCISCO DE Goya (1746 - 1828)
Der Traum der Vernunft erzeugt Ungeheuer

 



 

Der Schriftsteller Carl Amery bezeichnet die Wachstums-Ideologie des Totalen Marktes als globale "Reichsreligion" - d.h. weltumspannende Glaubensherrschaft und Doktrin, zu der es scheinbar keine Alternative gibt.

Unter dem Joch dieser eisernen Doktrin soll die einzige "Wahlfreiheit" der Menschen am Ende nur noch darin bestehen, daß sie zwischen verschiedenen Marktangeboten wählen können ("Erdbeermarmelade statt Himbeermarmelade", X statt Y, Schröder statt Stoiber", etc.)

Entsprechend sollen sie "nicht einmal im Traum" noch darauf verfallen, das asymmetrische System des Totalen Marktes selbst von Grund auf in Frage zu stellen und an seiner Statt realistische - d.h. marktgleichgewichtige und menschengerechte Gesellschaftsmodelle gemeinsam zu entwickeln.

Kommerzielle Massenmedien - vor allem Fernsehen und Internet mit ihren fast unbegrenzten suggestiven Möglichkeiten - fungieren auf dem globalen Markt als optimale "Transmissionsriemen" zwischen unersättlichem Kapitalinteresse und Käuferpsyche.

Deshalb sind sie die idealen Instrumente zur komfortablen Durchsetzung und Aufrechterhaltung des herrschenden Systems: Tag und Nacht und "wie von selbst" sorgen sie ja für die unablässige unterschwellige Konsumorientierung und damit politische "Ruhigstellung" - d.h. systematische Entpolitisierung der sogenannten breiten Schichten.

Mit anderen Worten: Die "Massen" sollen - ökonomisch/politisch - in einer Art künstlichem Dämmerschlaf verharren, aus dem sie nicht erwachen dürfen (damit das System nicht bankrott geht). Sie fühlen zwar mehr und mehr den suggestiv-lähmenden  Einfluß, der Tag und Nacht über tausende von "Kanälen" auf sie ausgeübt wird. Aber mangels Aufklärung können sie diesen Einfluß noch nicht genau bestimmen und damit auch nicht selbstbewußt-selbstbestimmt abweisen. Und so reagieren sie vorerst "nur" mit wachsender Resignation und "Politikverdrossenheit" auf die gröbsten - offenkundigen Anmutungen und Zumutungen führender Repräsentanten aus Wirtschaft und Politik. Die niedrige Wahlbeteiligung an der Europawahl ist dafür nur das neueste, sprechende Beispiel.

Und solange wir systematisch in Unkenntnis gehalten werden über die gegen uns gerichteten massenpsycholischen Strategien, ist notwendigerweise auch der öffentlich geführte Diskurs über Demokratie, soziale und ökologische Gerechtigkeit und Krieg und Frieden über weite Strecken eine Als-Ob-Diskussion ohne nennenswerten Fortschritt in der Beförderung der Sache selbst: der res publica.

 

 

Menschenleid durch
 ideologische
Gewaltherrschaft

 



FRANCISCO DE GOYA (1746 - 1828):
Dieser Staub

 


  Die stumme Anklage dieser Radierung aus Francisco de Goyas "Los Caprichos" gilt den Anklägern, der Inquisition. Das Opfer trägt mit dem Kleid und dem Spitzhut deren Schandzeichen. Der Prado-Kommentar nennt eine Dirne als Opfer: "Schande! Eine ehrbare Frau, die der ganzen Welt für eine Kleinigkeit so emsig, so nützlich gedient hat, so zu behandeln! Schande!"

   Die Vermutung liegt nahe, daß der ironische Prado-Kommentar die tatsächliche Aussage verschleiern möchte. Fast unerheblich ist es, wer genau das Opfer ist, da sich die Anklage des Blattes gegen den Ankläger richtet. Aber dieser war die mächtige Inquisition!

Am 6. Februar 1799 kündigte Francisco de Goya die Folge der "Los Caprichos" im "Diario de Madrid" an. Nur eine Ausgabe wurde zu Goyas Lebzeiten gedruckt. 1803 übergab er die Platten der Real Calcografia in Madrid. Dort wird im Prado als Manuskript ein Kommentar aufbewahrt, der aus dem Umkreis Goyas stammen dürfte, von ihm vielleicht sogar autorisiert wurde.
Gisela Vetter

 

 

 

150 Jahre später ...

Rund 150 Jahre nach Goyas erschütternder Anklage erscheint ein Buch, das auf visionäre Weise die Verschmelzung von ideologischer, massenpsychologischer und technokratischer Herrschaft voraussagt und die Zerstörungswut und -energie dieser potenzierten subersiven Macht in erschreckende Science-Fiction-Bilder faßt. "Zielgruppe" der systematischen Zerstörung bzw. "Umerziehung" sind die "mental" ausbeutbaren Volksmassen, die am Ende nicht mehr fähig sein sollen und nicht mehr fähig sind, die Verarmung ihres eigenen Fühlens und Denkens und den Verlust ihrer inneren Freiheit zu erkennen:

 


 
Zerstörung von Geist und Gefühl
durch ideologisch-technokratische
Herrschaft

 


Ray Bradbury um 1950

Ray Bradbury
 Fahrenheit 451
 

   1953 veröffentlichte der 1920 geborene amerikanische Autor Ray Bradbury seinen berühmten Roman. Er zeichnet darin die Schreckensvision eines ideologisch "legitimierten" Herrschafts- und Ausbeutungssystems, in dem die Menschen mittels Technologie, Massenpsychologie und Gedankenunterdrückung (Bücherverbrennung!) unterworfen und gefügig gemacht werden. Dies geschieht zum einen durch systemkonforme Gleich-Schaltung der "Massen" über Fernsehen und Radio, zum andern durch Brandschatzung von Büchern - die radikale Ausmerzung des gesamten Schatzes der Weltliteratur und gnadenlose Verfolgung ihrer heimlichen Leser. Denn jeder aufmerksame Leser der verbotenen Literatur ist gefährlich fürs System, weil er dessen "offiziell" vorgeschriebene Gefühle und Denkmuster (die kanalisierten Wünsche und Ängste der Menschen und die ihnen eingehämmerten "Lebensideale") durch widerständiges Denken in Frage stellen und so das "geistige" Fundament der ideologischen Herrschaft zum Einsturz bringen könnte.

   Die fürs Volk unsichtbaren "Führer" haben für die Ausmerzungsaufgabe die Feuerwehrleute bestimmt. Einst zuständig für den Schutz von Menschen und Häusern, wurden sie zu sengenden und brennenden "Staatsschützern" umfunktioniert. Der junge und sensible Feuerwehrmann Guy Montag jedoch entwickelt sich heimlich zum leidenschaftlichen Bücherfreund. Damit aber gerät er zwangsläufig in immer gefährlichere Gegnerschaft zum System und wird schließlich von den technisch aberwitzig hochgerüsteten "Staatsschützern" und Tausenden mitspielender Fernsehzuschauer wegen "Verbrechen gegen den Staat" durch die Stadt gejagt. Sein intellektueller Gegenspieler ist der ihm vorgesetzte Captain Beatty. Beatty erscheint als reiner Zyniker, der dem System loyal dient, obwohl er es durchschaut und verachtet.

 

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